Do 18.12.2014, 20:30 Uhr

Toni Hildebrandt: „La sequenza di fiore di carta: Das Subjekt in der Plansequenz und die Allegorie politischer Unschuld“

Toni HildebrandtLa sequenza del fiore di carta entstand für die Anthologie Vangelo ’70, die später unter dem Titel Amore e rabbia mit Filmen von Bellocchio, Bertolucci, Godard und Lizzani erschien. Pasolinis zwölfminütiger Beitrag basiert auf einer einzigen, langen Kamerafahrt in der Via Nazionale in Rom und wenigen späteren Schnitten, die Bilder aus dem Vietnam und dem Kalten Krieg über diese Plansequenz blenden. Pasolini gelingt dabei mindestens dreierlei: Er profaniert ein Gleichnis aus dem Neuen Testament, indem er es in den Alltag des römischen Straßenlebens verlegt. Aus der Perikope von der Verfluchung des Feigenbaums extrahiert er die entscheidende Allegorie der Unschuld und bezieht sie auf die Zeit um 1968. Dabei zeigt sich schließlich, dass sich auch in der kinematographischen Plansequenz ein politisches Subjekt einschreibt, das Pasolini aber aus einer „freien indirekten subjektiven Perspektive“ darzustellen versucht.

Toni Hildebrandt ist Wissenschaftlicher Assistent an der Abteilung für Kunstgeschichte der Moderne und der Gegenwart am Institut für Kunstgeschichte der Universität Bern.

IL VANGELO SECONDO MATTEO Das erste Evangelium – Matthäus

Italien/Frankreich 1964. R: Pier Paolo Pasolini. D: Enrique Irazoqui,
Margherita Caruso, Susanna Pasolini. 137 Min. 35mm. OmeU

IL VANGELO SECONDO MATTEO Das erste Evangelium – Matthäus

Pasolini hält sich bei diesem Film eng an den Text des biblischen „Matthäus-Evangeliums“. Dies verwunderte viele Kritiker, die ihn zuvor wegen Diffamierung der Religion verurteilt hatten. Der Film stellt die Figur und Lehren Jesu ins Zentrum, der hier als leidenschaftlicher Kämpfer gegen das Unrecht, das die Menschheit sich gegenseitig zufügt, dargestellt wird. Filmkritiker Peter W. Jansen urteilte 1965: „Es ist der Film eines Besessenen – nicht eines Gläubigen –, eines von seiner ästhetischen Vision Beherrschten.“

Vorfilm: LA SEQUENZA DEL FIORE DI CARTA Die Geschichte einer Papierblume
Italien 1969. R: Pier Paolo Pasolini.12 Min.

Mitschnitt der Veranstaltung

Teil 1: Einführung und Vortrag

Teil 2: Diskussion nach dem Film

Goethe-Universität Deutsches Filmmuseum